Nachdem meine Indian Scout zwar ein großartiges Motorrad ist, aber auf längeren Touren doch etwas ungemütlich wird und auch von der Gepäckmitnahme sehr beschränkt ist, habe ich mich letztes Jahr entschieden, den Fuhrpark um eine Reise-Enduro zu erweitern. Voraussetzungen: tourentauglich, offroad-tauglich, keine BMW. Da blieb nicht viel übrig außer der Honda Africa Twin (2019er Version mit klassischer Schaltung inkl. 12V-Steckdose und Griffheizung). Die „Adventure Sports“-Variante wäre noch etwas tourenfreundlicher gewesen (größerer Tank, höhere Sitzbank), aber die war leider nicht in der schwarzen Ausführung erhältlich. ¯\_(ツ)_/¯
Im ersten Schritt habe ich gleich mal die Aufkleber entfernt (mit einem Fön war das überhaupt kein Problem), um das Moped so „pur“ wie möglich erscheinen zu lassen. Im Laufe des ersten Jahres sind dann einige Veränderungen hinzugekommen. Wer also nach Inspiration für den Umbau eines Adventure Motorrads sucht, ist hier genau richtig.
Nächster Schritt: Crash Bars. Hier gibt es ja eine Fülle von Anbietern und noch viel mehr verschiedene Modelle. Die allermeisten sind eher Schrott, da sie entweder aus Aluminium sind oder die Wandstärke zu dünn ist und sie sich bei einem Crash (bzw. sogar bei einem Umfallen des Motorrads im Stand) verformen oder am Motorrad ankommen. Nach dem Durchforsten unzähliger Africa-Twin-Foren habe ich mich für die Crash Bars von Outback Motortek entschieden, die wirklich superstabil sind (siehe dazu dieses Testvideo, in dem eine Maschine absichtlich umgeschmissen wird 😱) und auch den Look der Front nicht negativ verändern.
Praktischerweise lassen sich auch verschiedene Dinge wie Nebelleuchten, GoPro-Halterungen oder Seitentaschen daran montieren.
Zum Set gehört auch eine Skidplate, die die Unterseite schützt und vor allem im Offroad-Betrieb äußerst hilfreich sein kann.
Die Honda kommt standardmäßig mit Handprotektoren, die aber nur aus Kunststoff sind und einen Sturz (bzw. ein Umfallen) wohl nicht überleben würden (und noch viel weniger die Hände schützen). Also: runter damit und rauf mit den Barkbusters Handguards (via SW-Motech), die eine Aluminium-Schiene besitzen und als äußerst robust gelten. Netter Nebeneffekt: Die Hände sind vor kaltem Fahrtwind besser geschützt.
Der Original-Auspuff ist ja alles andere als „dezent“, was Größe und Farbgebung angeht. Der wurde gegen einen kleineren von REMUS getauscht, der sowohl farblich besser passt als auch einen kernigeren Sound hat (natürlich straßenzugelassen inkl. E-Prüfnummer).
Um für größere Touren auch entsprechend Gepäck mitnehmen zu können, habe ich mich für das TRAX Koffer-System von SW-Motech entschieden. Hier gibt es ja Glaubenskriege bei der Frage „Koffer vs. Taschen“, bei mir hat der bessere Schutz für mein Kamera-Equipment schlussendlich zur Entscheidung für ein Koffersystem geführt. Alle Koffer sind staub- und wasserdicht und abschließbar. In das Topcase passt auch ein Helm hinein.
Dazu gehört auch ein Gepäckträger, der auch äußerst praktisch ist, um verschiedenste Dinge (oder eben ein Topcase) zu montieren.
Beim Gepäck seien auch die Taschen von Kriega erwähnt, die vorne an den Crash Bars montiert sind. Ich verwende sie, um Regenzeug und Warnweste griffbereit zu haben bzw. das unter Umständen nasse Regenzeug getrennt vom übrigen Gepäck zu transporten. Sie sind super robust und wären auch wasserdicht (was beim Regenzeug aber eher relativ egal ist). Von Kriega gibt es auch hervorragende Satteltaschen für alljene, die Soft Bags statt Koffern verwenden wollen. Ein zusätzlicher Vorteil: Wenn das Motorrad umfällt oder man ausrutscht, hat man durch die Taschen mehr Spielraum, um die Beine unter dem Motorrad rauszuziehen.
Als jemand, der grundsätzlich eher faul ist und gern vergisst, sich um die Schmierung der Kette zu kümmern (die Indian hat ja zum Glück einen Riemenantrieb), habe ich mich für einen Kettenöler (CLS EVO) entschieden, der mir die Arbeit abnimmt. Das Reservoir samt Pumpe befindet sich unter dem Sitz, eine Füllung reicht für ca. 10.000km. Daneben ist unter der Sitzbank auch noch Platz für Kleinzeug wie Handyladekabel samt 12V-Adapter und das Erste-Hilfe-Set (nicht im Bild).
Die Leitung führ dann innen durch das Motorrad durch nach hinten über die Schwinge zur Kette, wo kontinuierlich Öl abgegeben wird. Am Lenker befindet sich eine Steuerung, mit der man die Ölmenge ändern kann (z.B. um sie bei einer Fahrt im Regen zu erhöhen). Daneben ist auch der Tyre Boy angebracht, der über zwei Sensoren an den Ventilkappen den Reifendruck und die Reifentemperatur misst. Dies ist vor allem hilfreich, wenn man für Offroad-Fahrten den Reifendruck absenkt bzw. generell zum Check, ob der Druck im Rahmen liegt (sollte ja vor jeder Ausfahrt kontrolliert werden).
Für die Montage des Smartphones habe ich eine Halterung von SP Connect am Lenker montiert (gleiches System wie auf der Indian oder auch am Rennrad).
Nachdem ich mein altes iPhone als Navi verwende (dafür taugt es gerade noch), ist eine weitere SP Connect Halterung (inkl. RAM Mount) oben hinter dem Windschild montiert (wo viele andere ihr Garmin Navi angebracht haben). Hier lässt sich alternativ auch eine GoPro anbringen.
Um den All-Black-Look zu unterstützen und den Windschutz zu optimieren, wurde das Original-Windschild gegen ein schwarz getöntes Windschild von Touratech getauscht. Einer der wenigen Nachteile der 2019er Africa Twin ist das nicht verstellbare Windschild. Praktischerweise gibt es hierfür eine Abhilfe: Den Batzen Windscreen Adjuster. Damit lässt sich das Windschild in der Höhe verstellen (leider nicht während der Fahrt, da dafür vier Handschrauben gelöst werden müssen – aber besser als gar keine Verstellmöglichkeit).
Für einen aggressiveren Offroad-Look und zum Schutz der Hauptscheinwerfer ist ein Schutzgitter von Alt Rider montiert. Offiziell ist es nur abseits der Straße erlaubt und nicht StVO-konform, praktischerweise kann es aber ohne Werkzeug innerhalb von Sekunden abgenommen werden.
Um besser gesehen zu werden und in dunklen Tunnels (oder am Abend) auch mehr zu sehen, sind PIAA Fog Lights montiert (natürlich mit E-Prüfzeichen).
Angeschlossen sind die Nebelleuchten direkt am Kabelbaum über einen Aftermarket-Adapter, der vorne im Motorrad unter der Abdeckung angeschlossen wird (hier besteht ein Anschluss für die Original-Honda-Nebelleuchten). Eine Kabelverlegung zur Batterie ist nicht notwendig, ebenso sind keine separaten Relais oder Widerstände von Nöten. Die Ansteuerung erfolgt über den Original-Honda-Schalter. Praktischer Nebeneffekt: Die Kontrollleuchte für die Nebelleuchte im Armaturenbrett funktioniert (im Gegensatz zu vielen anderen Lösungen von Drittanbietern).
Direkt darunter befindet sich eine 12V-Steckdose, an die verschiedenste Dinge (Handy-Ladekabel, Navi, Kompressor, etc.) angeschlossen werden. Das war mit der Griffheizung das einzige vorkonfigurierte Extra, das ab Werk bestellt wurde. Es gäbe auch die Möglichkeit, stattdessen direkt einen USB-Anschluss zu montieren, meiner Meinung nach ist der oldschool 12V-Anschluss aber flexibler.
Zum Schutz des Kühlergrills ist anstatt des üblicherweise verbauten Kunststoffgitters ein Alu-Schutzgitter von Alt Rider verbaut, um den Kühler vor Steinschlägen zu schützen.
Nicht unumstritten in den Africa Twin Foren (vorwiegend ob des Looks) ist das Hi Fender Kit von Alt Rider, das statt dem Standard-Fender montiert wird und den Look noch mehr in Richtung Offroad-Bike bringt. Etwas mehr Freiheit zwischen Vorderrad und Fender ist auch praktisch für extreme Gatsch-Ausfahren (wobei ich eher bezweifle, dass ich in so eine Situation komme…aber man weiß ja nie).
Nachdem seit einigen Jahren alle Motorräder mit orangen Seitenreflektoren ausgeliefert werden und eine Demontage automatisch zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führt, habe ich an den zum Hi Fender Kit gehörenden Fork Guards jeweils links und rechts einen orangen Seitenreflektor (sollte unbedingt ein E-Prüfzeichen haben, gibt’s zum Beispiel hier) angeklebt, da die ursprünglichen Reflektoren leider nicht montiert werden können.
Das mitgelieferte Bordwerkzeug fällt ja eher unter die Kategorie „moi, ist das lieb“. Für größere Touren zahlt es sich auf jeden Fall aus, etwas mehr an Werkzeug mitzunehmen. Hierfür ist die Werkzeugbox von SW-Motech äußerst praktisch, die lässt sich am Kofferträger innen montieren und stört nicht weiter. Hier zahlt es sich aus, größere Beilagscheiben zu verwenden und die Schrauben nicht zu fest anzuziehen, da die Montagepunkte auch aus Kunststoff sind und sonst beschädigt werden könnten (v.a. wenn die Werkzeugbox voll befüllt wird und entsprechend schwer ist).
Was noch fehlt, ist die Bereifung. Die Dunlop-Originalbereifung war für die erste Tour nach Korsika absolut ausreichend, für Touren abseits von Asphaltstraßen empfehlen sich aber etwas geländetauglichere Pneus. Viele schwören ja auf den TKC 80 von Conti, meine Wahl ist auf den Pirelli Scorpion Rally STR gefallen. Bis jetzt (ca. 5.000km gefahren) immer perfekter Grip und wunderbare Straßenlage.
Ein kleines, aber sehr brauchbares Helferlein ist die Gasgriff-Hilfe von Louis. Nachdem die 2019er-Version der Africa Twin leider keinen Tempomat hat (erst seit 2020 verfügbar), kann eine längere Autobahnfahrt für das rechte Handgelenk sehr anstrengend werden. Mit der Gasgriffhilfe kann man mehr oder weniger die Hand auf den Gasgriff legen und bei konstanter Geschwindigkeit die Griffstellung halten.
Die neueste Errungenschaft folgt ganz zum Schluss: Fußrasten von SAM Racing.
Die Original-Fußrasten sind vor allem bei großen Enduro-Stiefen (Schuhgröße 45!) suboptimal, was den Grip und die Standfläche angeht.
Für’s Erste war’s das mit den Umbauten. Böse Zungen könnten meinen, dass es eh nicht mehr viel umzubauen gibt. Nun ja, das Fahrwerk könnte noch ein Upgrade vertragen (von Öhlins gäbe es da ein paar hervorragend passende Teile). Aber sonst? Hm…